Mietminderung bei Baulärm: Wissenswertes

Aktualisiert am 27. Januar 2023 von Ömer Bekar

Lärm ist generell ein ärgerliches Thema für Mieter. Und Baulärm erst recht. Doch in vielen Fällen ist eine Mietminderung ziemlich realistisch
Lärm ist ein ärgerliches Thema für Mieter. Doch in vielen Fällen ist eine Mietminderung ziemlich realistisch

Sie haben unter Baulärm zu leiden und möchten wissen, ob und wann eine Mietminderung Sie entschädigt? Dann sollten Sie hier weiterlesen. Fest steht: Lärm ist schädlich und der Gesundheit nicht zuträglich. Und permanenter Baulärm aus dem eigenen Haus oder vom Nachbargrundstück muss von Ihnen nicht einfach so hingenommen werden. Schon gleich gar nicht, wenn der vertragsmäßige Gebrauch Ihrer Wohnung nicht mehr gegeben ist. Dabei spielt es in der Regel auch keine Rolle, ob ein Verschulden des Vermieters vorliegt. Auf dieser Seite zeigen wir Ihnen, wie Sie sich verhalten sollten, wenn Baulärm Ihre Wohn- und Lebensqualität negativ beeinflusst. Zudem gehen wir auf die diversen Umstände ein, die zu Baulärm führen können und was diese für Sie bedeuten. Und nicht zuletzt betrachten wir einige Urteile, die deutsche Gerichte in der Vergangenheit zu diesem Thema bereits gefällt haben.

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Doch noch bevor Sie andere Schritte unternehmen, sorgen Sie für einen Nachweis. Nehmen Sie den Baulärm auf (etwa mit der Aufnahmefunktion am Smartphone). Sorgen Sie dafür, dass auch Datum und Uhrzeit jeweils klar ersichtlich sind. Wozu das Ganze? Das ist einfach zu beantworten. Denn wenn Ihr Vermieter eine etwaige Mietminderung nicht akzeptiert und dagegen klagt, droht oft ein Prozess vor Gericht. Als Mieter sind Sie dann in der Nachweispflicht. Das bedeutet, dass Sie beweisen müssen, dass Baulärm herrscht und den vertraglich geregelten Gebrauch Ihres Mietgegenstands negativ beeinflusst. Erst dann informieren Sie Ihren Vermieter über die Umstände. Das kann zunächst auf telefonischem Wege geschehen. Doch sorgen Sie dafür, dass Ihr Vermieter von Ihnen auch ein schriftliches Dokument erhält. Auch das ist ein notwendiges Instrument, wenn die Angelegenheit vor Gericht gehen sollte. Auf eine Fristsetzung können Sie hier oft verzichten, da Baustellen vom Vermieter nicht innerhalb einer Frist beseitigt werden können.

►Baulärm – Musterschreiben Mietminderung an Vermieter

Sehr geehrter Vermieter [__],

heute wenden wir uns mit einem besonderen Anliegen an Sie. Und zwar geht es um den Abriss des Häuserblocks gegenüber. Dieser hat eben erst begonnen, doch der Baulärm ist jetzt schon kaum mehr auszuhalten. Wir sind dazu gezwungen, die Fenster am Tage komplett geschlossen zu halten. Das ist jetzt im Frühsommer nicht besonders gut. Und es ist nicht nur der Baulärm, der das Bewohnen unserer Wohnung nahezu unzumutbar macht. Nein, auch der Schmutz und Staub ist zu einer echten Belastung geworden.

Für den Zeitraum dieser hohen Beeinträchtigung der Wohnqualität kündigen wir an, dass wir unsere Mietzahlungen an Sie mindern werden. Die Minderungsquote werden wir auf 20 Prozent festlegen. Wir haben uns im Vorfeld erkundigt, ob dieser Schritt rechtens ist. Uns wurde dabei von Experten zu diesem Schritt geraten. Allerdings hoffen wir, dass das Verhältnis zwischen Ihnen und uns nicht unter diesem Vorfall leiden wird.

Aus diesem Grund möchten wir Ihnen den Tipp geben, dass Ihre Chancen gut stehen, die reduzierten Mieteinnahmen auf den Betreiber der Baustelle gegenüber umzulegen. Es hat in der Vergangenheit bereits Urteile von Gerichten gegeben, die diese Maßnahme gesetzlich legitimiert haben. Wir bitten Sie jedoch auch um Verständnis für unsere Situation. Unsere Wohnbedingungen sind derzeit absolut nicht vertretbar, der Baulärm wird von Tag zu Tag lauter. Und nicht zuletzt hängt auch am Abend und in der Nacht so viel Staub in der Luft, dass das Lüften der Wohnung aus unserer Sicht höchst bedenklich ist.

Mit freundlichen Grüßen, Familie [__]

Baulärm, eine Frage des einzelnen Falls?

Ja, die in der Überschrift gestellte Frage kann nur so beantwortet werden. Auch in Sachen Baulärm beurteilen die Gerichte in Deutschland immer den Einzelfall. Das bedeutet, dass es keine pauschalen Urteile gibt. Weil Baustellen aber nicht nur Lärm, sondern meist auch Schmutz verursachen, wird auch dieser Faktor geprüft. Was sollten Sie allgemein noch zu diesem Thema wissen? Nun, gerade in der Stadt wird viel gebaut. Einige Baustellen und die Behinderungen, die dadurch entstehen, müssen Sie womöglich hinnehmen. Denn es gibt – auch als Mieter – einen Faktor, der als allgemeines Lebensrisiko bezeichnet wird. Und dieses Risiko als solches müssen Sie hinnehmen. Das heißt, dass Sie Baulärm selten als Kündigungsgrund anführen können. Eine Minderung hingegen hat oft gute Aussichten auf Erfolg. Es kommt natürlich immer auf den Grad der Beeinträchtigung an und ob die Wohnung noch der Gebrauchstauglichkeit entspricht. Dabei geht es auch um das Ausmaß, die Ruhezeiten und die Zumutbarkeit.

Im Folgenden stellen wir die Ursachen vor, die zu Baulärm führen können. Dieser kann erstens direkt von anderen Mietern verursacht werden. Das ist etwas dann der Fall, wenn der Nachbar seine Wohnung saniert oder renoviert. Das ist dann rechtens, wenn sich der Nachbar an die Ruhezeiten hält und wenn die Arbeiten nicht über ein normales Maß hinausgehen. Man spricht dann davon, dass es sich um eine übliche Nutzung handelt, die auch dem Mietvertrag entspricht. Eine Beeinträchtigung für die Nachbarn mag zwar entstehen, allerdings müssen Sie diese tolerieren. Anders kann das zum Beispiel aussehen, wenn vom Vermieter verursachter Baulärm ins Spiel kommt.

Baulärm durch den Vermieter

Das ist dann der Fall, wenn der Vermieter das Gebäude modernisiert, die Fassade dämmt oder neue Fenster einsetzen lässt. Dabei kann es durchaus sein, dass Sie als Mieter diese Maßnahmen dulden müssen.

  • Allerdings haben Sie unter bestimmten Umständen ein Anrecht darauf, die Miete zu mindern. Das hat etwa das Landgericht in Mannheim im Jahr 1986 festgestellt. Sollte die Wohnung aufgrund des Baulärms teilweise oder in Gänze nicht nutzbar sein, kommt eine Mietminderung in Frage. Der Baulärm kann die Wohnqualität auch so weit drücken, dass hieraus ein Minderungsanspruch entsteht.
  • Das Kammergericht in Berlin urteilte im Jahr 2006 in einem anderen Fall. Hier ging es darum, dass mehrere Stockwerke in einem Haus kernsaniert wurden. Die Arbeiten hatten sich über anderthalb Jahre hingezogen und wurden mit Abrissbirne und Presslufthammer durchgeführt. Der Mieter nahm eine Mietminderung vor und bekam vom Gericht Recht, er durfte seine Zahlungen um 20 Prozent kürzen.
  • Weil laute Hammer- und Bohrgeräusche herrschten, durfte ein Mieter eine Miete um 15 Prozent mindern. Das beschied das Amtsgericht in Hamburg im Jahr 2007.
  • Auch Stemmarbeiten, die im Gebäude durchgeführt wurden, rechtfertigen eine Mietminderung. In diesem Fall in Berlin durfte der Mieter um zehn Prozent mindern, wie das Kammergericht im Jahr 2000 entschied.
  • Das Landgericht Berlin wiederum hatte einen Fall zu beurteilen, bei dem es um den Ausbau des Dachgeschosses ging. Dieser Ausbau hatte massiven Baulärm sowie Schmutz nach sich gezogen. Außerdem musste ein Gerüst aufgestellt werden. Das Gericht urteilte im Jahr 1994, dass der Mieter seine Miete um 22 Prozent mindern durfte.

Baulärm muss natürlich nicht im eigenen Haus entstehen, um die Wohn- und Lebensqualität negativ zu beeinflussen. Auch Lärm, der von außerhalb herrührt, kann für Mieter unzumutbar sein, wie wir im nächsten Abschnitt zeigen.

Baulärm von externen Baustellen

Wenn bei Ihrem Einzug die Baustelle bereits existierte, so müssen Sie in der Regel den Baulärm akzeptieren. Jedenfalls dann, wenn er sich in einem üblichen Rahmen bewegt. Sollte der Baulärm jedoch überhand nehmen und Sie auch am Wochenende belasten, so können Sie die Miete womöglich mindern. Dazu gehört auch, dass es für Sie unzumutbar ist, beispielsweise die Fenster zu öffnen. Zu dieser Ansicht kam das Landgericht in Darmstadt im Jahr 1984. Das Landgericht in Mannheim urteilte im Jahr 2000, dass ein Mieter bei Vertragsabschluss natürlich wissen kann, dass die Baustelle nebenan Baulärm verursachen wird – allerdings muss er auch in Erfahrung bringen dürfen, für welchen Zeitraum er sich der Belastung ausgesetzt sehen wird und wie hoch diese zu erwartende Belastung ist.

Es gibt übrigens auch Umstände, die dazu führen, dass der Vermieter selbst Schadenersatz gegenüber der Baustelle geltend machen kann. Ist der Baulärm so stark, dass die Benutzung des Grundstücks nicht mehr zumutbar ist, so hat der Vermieter einen Anspruch auf Ausgleich gegenüber dem Baustellenbetreiber – und zwar genau zu dem Prozentsatz, zu dem die Mieter ihre Miete mindern: Wenn Sie also Ihre Zahlungen um 15 Prozent kürzen, so kann der Vermieter unter diesen Umständen den ihm entstandenen finanziellen Schaden an den Betreiber der Baustelle weiterreichen. Das hat das Landgericht in Hamburg im Jahr 1999 so entschieden. Doch natürlich ist das Recht auf eine Mietminderung durch den Mieter nicht verwirkt, wenn der Vermieter keine Entschädigung bekommt. Das hat das Bayerische Oberste Landesgericht (BayObLG) im Jahr 1987 so entschieden.

Baulärm – weitere Urteile

Weil Baulärm immer wieder eine gewichtige Rolle spielt in der Rechtsprechung, haben wir noch ein paar Gerichtsurteile durchleuchtet. Die wichtigsten davon präsentieren wir Ihnen jetzt.

  • Eine etwas umstrittene und tatsächlich auch streitbare Entscheidung fällte der BGH im Jahr 1987. Im Urteil hieß es, dass ein Mieter bei Baulärm auch mindern dürfe, wenn er nicht in der Wohnung ist. Es sei demnach nicht zulässig, dass der Vermieter einwendet, der Mieter habe die Wohnung gar nicht genutzt.
  • Das Amtsgericht Berlin-Schöneberg urteilte im Jahr 1997 im Sinne der Mieter. Diese hatten 20 Prozent Mietminderung durchgeführt, weil in der Nachbarschaft durch zwei Häuserabrisse massiver Baulärm entstanden war.
  • Das Oberlandesgericht München gab 2006 einem Arzt Recht, in dessen Praxis Baulärm herrschte. Eine 100 Meter entfernte Großbaustelle verursachte diesen. Der Arzt durfte die Miete für die Praxis um zehn Prozent mindern.
  • Weil es zu Erschütterungen im Appartement kam und man vor Lärm die Fenster nicht öffnen konnte, zudem eine normale Unterhaltung in der Wohnung nicht mehr möglich war, erhielt eine Mieter in Darmstadt das Recht, seine Miete um 25 Prozent mindern zu dürfen, wie das dortige Landgericht urteilte.
  • Das Landgericht Frankfurt gab im Jahr 2007 ebenfalls den Mietern Recht. Diese hatten unter einer Großbaustelle in der Innenstadt und deren Baulärm zu leiden. Das Landgericht in Frankfurt erkannte an, dass die Miete um zwölf Prozent gemindert werden durfte.
  • Auch Baulärm von einem Einkaufszentrum und aus einem Neubaugebiet müssen Mieter nicht unbedingt hinnehmen. Das stellten das Landgericht in Hamburg im Jahr 1999 sowie das Amtsgericht in Darmstadt im Jahr 1984 fest. Die Mieter durften um 20 bzw. um 25 Prozent mindern.

Bahnbaustellen und Baulärm

Zwei Urteile befassen sich mit Baustellen, die von der Deutschen Bahn betrieben wurden. Im ersten Fall ging es um den Neubau einer ICE-Strecke mit hoher Lärmbelastung. Das Amtsgericht in Kassel urteilte 1989, dass die Mieter die Miete um zehn Prozent mindern durften. Im zweiten Fall war das Landgericht in Siegen involviert, es geht um einen Fall aus dem Jahr 1990. Der Neubau der ICE-Strecke Köln-Frankfurt hatte eine erhebliche Lärmvorbelastung mit sich gebracht. Das Gericht beschied, dass die klagenden Mieter ihre Miete um 15 Prozent kürzen durften. In einem weiteren Fall war die Elbtunnelröhre in Hamburg betroffen. Die Wohnung lag im Erdgeschoss, der Bauzaun war nur zehn Meter entfernt. Der Baulärm war damit also beträchtlich hoch. Das Landgericht in Hamburg urteilte im Jahr 2001, dass der Miete seine Miete um 35 Prozent kürzen durfte.

Doch es gibt auch Gegenbeispiele. So hat der BGH im Jahr 2011 ein Grundsatzurteil gefällt. Dabei ging es um Pumpen, die auf einer Baustelle während der Nacht in Betrieb bleiben mussten. Allerdings war die Baustelle nur im Herbst und im Winter dort vorhanden. Den Mietern wurde eine Minderung ihrer Miete vom BGH untersagt. Die Begründung lautete, dass sie den Baulärm der Pumpen während der Nacht draußen halten konnten, als die Fenster geschlossen bleiben konnten – und das sei in den Jahreszeiten Herbst und Winter für die Anwohner durchaus zumutbar. Bei geschlossenem Fenster wurden die zulässigen Grenzwerte durch den Baulärm nicht überschritten.