Mietminderung: Langfristige Kernsanierungsarbeiten

Aktualisiert am 27. Januar 2023 von Ömer Bekar

Langfristige Kernsanierungsarbeiten rechtfertigen die Mietminderung
Langfristige Kernsanierungsarbeiten rechtfertigen die Mietminderung

Wenn langfristige Kernsanierungsarbeiten ins Haus stehen, ist Ihr Haus unbewohnbar. Dazu bedarf es keiner weiteren Erläuterung. Aber was ist, wenn das Haus auf dem Nachbargrundstück kernsaniert wird? Haben Sie dann das Recht auf Ihrer Seite, wenn es darum geht, die Miete zu mindern?

Es gibt aus der Vergangenheit nicht wahnsinnig viele Fälle, die sich damit beschäftigen und auch vor Gericht gelandet sind. Einen Prozess aber hat es vor dem Berliner Landgericht gegeben, im Jahr 2013 ist ein Urteil ergangen. An diesem Fall können Sie sich orientieren, wenn Sie eine Mietminderung für langfristige Kernsanierungsarbeiten durchsetzen möchten. Allerdings sollten Sie dabei bedenken, dass ein Präzedenzfall hierzu noch keine allgemeine Aussage betrifft.

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Dies ist ein Beispiel. So könnte Ihr Schreiben aussehen.

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Denn die Richter werden sich jeden Fall und auch Ihren, sollte Ihr Vermieter die Mietminderung nicht hinnehmen, genau ansehen. Oft nämlich sind es Kleinigkeiten, die über ein abweichendes Urteil entscheiden. Allerdings gibt es im Fall der Kernsanierung auch ein paar Anhaltspunkte, die ganz objektiv für alle Anwohner gelten sollten. Und zwar im gleichen Umfang. So lässt sich nämlich eine langfristige Belastung durch Lärm und Staub nicht einfach wegdiskutieren. Lassen Sie uns zunächst die Sachlage betrachten.

►Mietminderung: Langfristige Kernsanierungsarbeiten |Musterschreiben

Sehr geehrter Vermieter [__],

seit dem [Datum] laufen auf dem Grundstück in der [Adresse] langfristige Kernsanierungsarbeiten. Diese scheinen auch in absehbarer Zeit noch nicht abgeschlossen. Als die Bagger anfuhren, waren wir sehr überrascht, da uns nicht bekannt war, dass hier eine Kernsanierung vorgenommen wird.

Die Arbeiten laufen jeden Tag von 7 Uhr bis 18.30 Uhr am Abend. Das bedeutet für uns eine tägliche Lärmbelastung von fast zwölf Stunden. Auch der Lärm ist bisweilen kaum zu ertragen. Und nicht zuletzt sind es die ständigen Erschütterungen, die uns zu schaffen machen.

Aus diesem Grund möchten wir 25 Prozent unserer Mietzahlungen an Sie für die Zeit der Kernsanierung einbehalten. Wir haben dazu einen Anwalt kontaktiert, weil die Lebensqualität stark beeinträchtigt ist und wir davon ausgehen, dass dieser Zustand noch eine Weile anhalten wird.

Mit freundlichen Grüßen, Familie [__]

Langfristige Kernsanierungsarbeiten sind ein großes Übel

Von November 2012 bis Juli 2012 waren langfristige Kernsanierungsarbeiten an einem Gebäude durchgeführt worden. Die Arbeiten dauerten jeden Tag von 7 Uhr in der Früh bis um 18 Uhr am Abend, also elf Stunden täglich. Kernsanierung bedeutet ja nicht, dass nur an der Fassade etwas gearbeitet wird. Da werden oft Wände und Decken entfernt, um später neue einzusetzen. Bestehen bleiben eigentlich nur das Fundament sowie die tragenden Wände. Alles andere wird oft abgerissen.

Für die Nachbarschaft bedeutete das in dem Berliner Fall nicht nur elf Stunden Lärm. Nein, auch die Belastung durch aufgewirbelten Staub hatte bedenkliche Formen angenommen. Und nicht zuletzt war es über die Monate immer wieder zu schweren Erschütterungen gekommen. Weil dieser Zustand nicht wirklich tragbar schien, hatte der Mieter gegenüber seiner Vermieterin sein Recht auf Mietminderung geltend gemacht. Die Vermietern jedoch gewährte dem Mieter die Minderung seiner Miete nicht. Ihr Argument war, dass der Mieter mit den langfristigen Kernsanierungsarbeiten hätte rechnen müssen bei seinem Einzug. Als der Mietvertrag abgeschlossen wurde, hätte der Mieter den Zustand des Gebäudes nebenan erkennen müssen, so lautete die Argumentation.

Vermieterin hat abgelehnt

Weil die Vermieterin die Minderung der Miete nicht hingenommen hatte, kam der Fall schließlich vor das Landgericht in Berlin. Das Urteil war eindeutig – die Richter folgten hier dem Mieter und wiesen die Klage der Vermieterin ab. Das Gericht kam zwar zu dem Schluss, dass ein Minderungsrecht nicht bestünde, wenn zum Zeitpunkt des Mietvertragsabschlusses genaue Anhaltspunkte für Bauarbeiten vorgelegen hätten, das aber sei hier nicht der Fall gewesen. Für den Mieter sei nicht erkennbar gewesen, dass langfristige Kernsanierungsarbeiten zu erwarten seien.

Das Haus auf dem Nachbargrundstück sei zwar erkennbar unsaniert gewesen. Aber nichts habe erkennen lassen, dass das Gebäude stark sanierungsbedürftig oder gar baufällig gewesen ist. Damit gab das Gericht dem Mieter recht:

  • Langfristige Kernsanierungsarbeiten und eine langwierige Umgestaltung waren damit nicht erkennbar gewesen. Es haben keine Anhaltspunkte dafür vorgelegen.
  • Wenn keine Anhaltspunkte vorliegen, dann war der Mieter laut Gericht auch nicht in der Lage, Schlüsse zu ziehen. Also konnte er nicht damit rechnen, dass eine unübliche Zunahme von Schmutz und Lärm zu erwarten waren.
  • Damit sahen die Richter die Kernsanierung auf dem Nachbargrundstück nicht als übliche, sondern als unübliche Baumaßnahmen an. Auch die Intensität und die Dauer der Arbeiten flossen in das Urteil mit ein. Dem Recht auf Mietminderung gab das Gericht statt.

Wie sieht es mit den Details aus?

Im Detail erkannten die Richter dem Mieter das Recht eine Minderung seiner Miete um 25 Prozent zu. Dieser Satz hatte für den gesamten Zeitraum der Kernsanierung gegolten. Die Richter urteilten weiter, dass es keine Einzelbetrachtung einzelner Bauabschnitt bedürfe. Zwar kann es auch bei langfristigen Kernsanierungsarbeiten zu Zeiten kommen, wo die Belastung niedriger ist, stellte das Gericht fest. Allerdings blieb damals die Minderungsquote davon unberührt, weil die Gesamtbelastung zu betrachten ist.

Zusammenfassung

Wie Sie sehen, sind Sie mit all dem Lärm und dem Schmutz, der von einer Kernsanierung herrührt, nicht allein. Langfristige Kernsanierungsarbeiten sind an der Tagesordnung, und oft betrifft es Gebäude aus der unmittelbaren Umgebung. Dass es dazu wenig Urteile von deutschen Gerichten gibt, wirkt ein wenig seltsam. Auf der anderen Seite dürften Vermieter wissen, dass sie nicht im Recht sind, wenn Sie eine Mietminderung fordern. Dann überlegt man es sich als Vermieter nämlich zwei Mal, ob man vor Gericht geht oder nicht. Denn neben den Mieteinnahmen, die zu einem erheblichen Prozentsatz ausbleiben, kommen ja auch noch die Kosten des Prozesses.

Ob Sie die Miete mindern können, kommt einzig und allein auf den Statuts Quo zum Zeitpunkt des Mietvertragsabschlusses an. Wenn klar erkennbar war, dass umfangreiche Maßnahmen zur Kernsanierung anstünden, dann haben Sie eher schlechte Karten. Wenn aber keine Anzeichen darauf hingedeutet haben, dann haben Sie in aller Regel hervorragende Aussichten. Das bedeutet für Sie auch, dass Sie die Situation auf dem Nachbargrundstück dokumentieren sollten, wenn Sie einziehen. Wenn zu diesem Zeitpunkt noch nichts auf langfristige Kernsanierungsarbeiten hindeutet und Sie können das nachweisen, dann haben Sie einen erheblichen Vorteil, wenn die Sache vielleicht doch vor Gericht geht.

Ach ja, noch ein Hinweis zum Schluss. Es handelt sich hier um keinen unerheblichen Geldbetrag, sollten Sie und Ihr Vermieter sich auf eine Mietminderung einigen. Halten Sie Ihre Vereinbarung schriftlich fest. Wenn Sie sich nicht sicher fühlen auf diesem Terrain, dann besorgen Sie sich einen Anwalt. Oft hilft aber auch schon ein Gespräch beim Mieterschutzbund. Ein solches Erstgespräch ist oft kostenfrei, meist werden Sie hier sehr kompetent beraten.